Donnerstag, 10. Oktober 2013

Osteuropatour - 16. Etappe Tuerkei
















Die Tuerkei hatte uns vor 7 Tagen einen sehr frostigen Empfang bereitet. Inzwischen ist sie freundlicher gesonnen. Die Temperaturen sind angestiegen. Zwar reicht es nicht zum Schwimmen, auch zum Zelten ist es nachts schon zu kalt, zumal die Campsites schon geschlossen sind, aber die Sonne strahlt, der Himmel ist makellos blau, und mittags koennen wir herrlich bei einem Cai in Strandcafes sitzen und den Blick aufs Meer geniessen.

Von Silivri am Marmarameer trennen uns gerade noch 50km von Istanbul. Dort werden wir morgen einfahren. Unsere Route fuehrte uns von der bulgarischen Grenze ueber die Staedte Kirklareli, Lueloburgaz nach Tekirdag am Marmarameer, und von dort weiter die Kueste entlang ueber Marmara Ereglisi hierher nach Silivri und morgen nach Istanbul, unserer letzten Fahrradetappe. Die Strassen sind hervorragend und mit einem ca. 2m breiten Seitenstreifen auch fuer Fahrraeder gut befahrbar. Die Geschaeftigkeit und Wuseligkeit in den Staedten gefaellt uns sehr, kleine Geschaefte, Laeden, Teestuben und Speiselokale praegen das Strassenbild, Strassen und Teestuben sind voller Menschen, nicht sehr viele, aber doch einige auch juengere Frauen tragen Kopftuch, angeblich mit zunehmender Tendenz. Wohnhaeuser machen einen intakten, gepflegten Eindruck. Unterwegs sind es nicht mehr Kirchtuerme, die schon von weitem Staedte oder Doerfer ankuendigen , sondern Minarette, die wie duenne, frisch gespitzte Bleistifte in den Himmel ragen. Und nicht mehr Kirchenglocken, sondern der Ruf des Muezzin ist mehrmals am Tag zu hoeren, erstmals morgens um 5 Uhr. Unser erstes Hotel lag direkt neben einer Moschee... Besonders gefallen hat uns die kleine Stadt Silivri am Marmarameer, mit einer netten Innenstadt, einer sehr schoenen Strandpromenade mit Teestuben draussen und einem kleinen Yacht- und Fischereihafen.

Von der Landschaft waren wir weniger begeistert: Der Teil von der Grenze bis zum Marmarameer ist huegelig, aber voellig ausgeraeumt und kahl, bis zum Horizont kein Baum und kein Strauch. Das Radfahren ist anstrengend und langweilig. Grossflaechig werden Mais und Sonnenblumen angebaut, jetzt natuerlich abgeerntet, und in Raffinerien verarbeitet. Diese befinden sich entlang der Strasse irgendwo in der Pampa, zusammen mit zahlreichen anderen Industrieanlagen, voellig neu oder zumindest neu ausgebaut. Offenbar wurde in den letzten Jahren sehr viel investiert. Das gilt auch fuer die Kueste hier, die mit neuen, grossflaechigen  Wohn- und Wochenendhaus-Siedlungen zugebaut ist, die uns teilweise wie Geisterstaedte vorkamen. Sehr stoerend ist der Plastikmuell, der ueberall entlang den Strassen und der Kueste die Landschaft verschandelt. Das verbessert sich allerdings, je mehr man sich Istanbul naehert.

Ein Genuss ist die tuerkische Kueche, Koefte, gegrillte Hackfleischbaellchen aus Lammfleisch, eine Spezialitaet der Gegend, Pide, Teigwaren mit Hackfleisch und Kaesefuellung, Suppen und vielfaeltige Gemuesegerichte mit und ohne Fleisch, die man am Eingang zu den kleinen Speiselokalen direkt aussuchen kann. Gestern Abend haben wir in einem kleinen Restaurant direkt am Hafen frischen Fisch gegessen, der am gleichen Tag fruehmorgens noch im Meer geschwommen war und vonnuns am Eingang des Restaurants frisch ausgewaehlt wurde. Lecker, und das mit Salat 28 Lira = 11,50 Euro zusammen. Statt Kaffee ist hier Cai angesagt, der tuerkische Tee, morgens, mittags und abends, in den typischen schmalen Glaesern. Und das alles nicht mehr ganz so guenstig wie in Bulgarien, aber fuer uns doch sehr preiswert. Ein Glas Cai kostet zwischen 20 und 40 Cent. Die Menschen erleben wir als ausserordentlich freundlich und hilfsbereit, Gastfreundschaft gilt sehr viel, mehrfach hatten wir netten Kontakt zu Leuten, die hier aufgewachsen sind, aber lange in Deutschland gelebt haben und jetzt einen Teil des Jahres hier in ihrem Wochenendhaus leben. So haben wir vor einigen Tagen den Nachmittag und Abend sehr nett bei der Familie von Abyzer Cicek verbracht, bei einem guten gegrillten Fisch, Raki und netten Gespraechen. Haeufig sind wir einer kritischen Haltung zur heutigen Tuerkei begegnet. Der wirtschaftliche Aufschwung sei ueberwiegend auf Pump begruendet, es gebe noch sehr viel Armut, die soziale Schere klaffe weit auseinander und es gebe nur eine duenne Mittelschicht. Zudem sei eine von der jetzigen Regierung gestuetzte verstaerkt konservativ-islamische Entwicklung unverkennbar.

Ja, soweit unsere ersten Eindrucke von der Tuerkei. Von unserem letzten Ziel, Istanbul, erfahrt ihr dann in meinem naechsten und letzten Blog.


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